Eine klare Mehrheit der SP ist für das Bedrohungsmanagement, die Minderheit bringt aber sehr wichtige Kritikpunkte an, von denen es uns wichtig ist, dass das JSD diese hört und in der Umsetzung beachtet. Die Verhältnismässigkeit von Grundrechtseingriffen muss immer gewährleistet sein. Der Anstoss für ein KBM kam und kommt von NGO’s im Bereich der Opferhilfe. In der öffentlichen Vernehmlassung können sie auch nachlesen, dass sowohl das Frauenhaus, die Opferhilfestelle und viele andere soziale Basler NGO’s ein KBM als dringend notwendig erachten.Auf Bundeseben wurde in der letzten Woche die Roadmap Häusliche Gewalt verabschiedet – darin wird für jeden Kanton ein KBM gefordert. Auch die Istanbul-Konvention fordert solche präventive Massnahmen. Das Ziel all dieser Anstrengungen ist, der Schutz potentieller Opfer zu erhöhen. Es steht dabei einmal das Opfer im Vordergrund und nicht der Täter*in!
Worum geht es hier?
Gewalt innerhalb einer Familie noch gegenüber Fremden haben grosse Folgeschäden, gesellschaftlich und persönlich. Auch Stalking, Drohung oder Gewalt gegenüber Behördenmitgliedern kommen immer wieder vor und verursachen viel Menschliches Leid. Strafrecht und Sanktionen setzen häufig zu spät an, nämlich erst dann, wenn die Situation eskaliert ist. Es gibt immer wieder Fälle, bei denen der Täter oder die Täterin verschiedenen Behörden bereits bekannt war die verschiedenen Stellen aber nicht miteinander sprechen durften. Die behördenübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist aufgrund von Datenschutzbestimmungen kaum möglich und es hat bislang keine Behörde den Auftrag, die Fallführung bei einer latenten Bedrohungssituation zu übernehmen. Das bedeutet, dass niemand die Gesamtsituation im Blick hat und deeskalierend eingreifen kann. Oft muss sich ein Opfer anhören: „Wir können leider nichts machen, kommen Sie wieder, wenn etwas passiert ist“. Das kann nicht sein! Das Kantonale Bedrohungsmanagement setzt hier an. Die Polizei kann neu für Menschen, die in Gefährdungssituationen sind, die aber noch nicht strafrechtlich relevant sind Schutzmassnahmen treffen, und via die Gefährderansprache dazu beitragen, dass es gar nicht zu einer Straftat kommt. Besteht ein erhöhtes Risiko für eine zielgerichtete Gewalttat soll diese durch Präventionsmassnahmen, wie persönliche Gespräche, Gewaltberatung oder Therapie etc. verhindert werden. So soll die Eskalationsspirale durchbrochen werden. Während die meisten anderen Kantone bereits entsprechende Konzepte eingeführt oder an deren Entwicklung sind, fehlt es hier in Basel an einem gesetzlichen Auftrag für ein Bedrohungsmanagement.
Hier geht es geht es um Prävention - um Sekundärprevention.
Unsere Gesellschaft hat sich gewandelt. Prävention wird heute grossgeschrieben – in fast allen Lebensbereichen. Auch die Polizeiarbeit ist vermehrt präventiv – gerade auch im Bereich der Jugendkriminalität wird ein stark präventiver Ansatz verfolgt. Es rechtfertigt sich daher aus unserer Sicht auch, im Bereich der Verhinderung schwerer Strafratet, die eine Gefährdung von Leib und Leben einer anderen Person darstellen könnten, präventiv zur Verhinderung der Straftat tätig zu werden. Das KBM ist kein strafrechtliches Instrument – es wird lediglich im Hinblick auf eine mögliche schwere Tat, welche jemandem an Leib und Leben gefährden könnte, zum Einsatz kommen. Eine Kritik am KBM ist, dass es Denunziantentum fördern könnte. Im Ratschlag und im Bericht der JSSK steht deutlich beschrieben, dass eine Meldung ans KBM nicht von Privatpersonen ausgehen kann.
Die Sammlung und Weitergabe der Daten über potentielle Gefährderinnen und Gefährder ist detailliert im KBM geregelt. Es muss immer für alle involvierten Fachpersonen klar sein, wer was wem über was mitteilen darf. Eine klare Regelung, die es heute nicht gibt und die im Alltag zu einem leichteren Datenfluss in Gefährdungssituationen führt. Für uns stellt die explizite Regelung des Datenflusses im KBM eine deutliche Verbesserung zum Status quo dar, sie bringt Klarheit, was erlaubt ist und was nicht. Ziel und Zweck der Gesetzesartikel wurden geschärft und spezifiziert. Die Regel der Auskunftseinholung und Auskunftserteilung wurden getrennt und detailliert geregelt. Das Gesetz wurde dadurch klarer und verständlicher. Das KBM ist zu einem grossen Erachten für die SP ein wichtiges neues Instrument in der präventiven Polizeiarbeit. Und genau hier ist d. Knackpunkt respektive ein Paradigmenwechsel der für viele von uns aber positiv behaftet ist, da er den Opferschutz im Vordergrund setzt und präventive Polizeiarbeit ist. Bei diesem zentralen Punkt merken wir aber auch, dass gewisse Vorbehalte ggü d. Polizei voll mitspielen, dennoch begrüssen wir, dass die Polizei präventiv tätig sein kann. Wir brauchen eine zeitgemässe und transparente Risikoanalyse und ein Case-Management für Bedrohungssituationen. Ohne das lassen wir die Opfer alleine und nehmen in Kauf, dass weiter schlimme Gewalt Eskalationen stattfinden, die eigentlich hätten verhindert werden können.
Wenn neue Instrumente eingeführt werden, haben diese Vorteile, aber auch Risiken. Im Rahmen des KBM stehen den involvierten behördlichen Stellen sehr weitreichende Datenerhebungs- und Austausch Befugnisse zu. Es kann sein, dass Menschen unrechtmässig in die Datenbank kommen. Es braucht einen hohen Standard an Professionalität. Es darf nicht passieren, dass wegen Vorurteilen eine Person als Gefährder eingestuft wird. Es ist deshalb wichtig, dass ordentliche Rechtswege bestehen. Es ist wichtig, dass genügend Ressourcen für internes Qualitätsmanagement da ist. und noch wichtiger, es braucht eine Aufsichtsbehörde. Wir werden einen entsprechenden Änderungsantrag stellen. In den Voten zu den Anträgen werden wir unsere Kritikpunkte am KBM nochmals verdeutlichen. Betreff Schlussabstimmung haben wir als SP Fraktion Stimmfreigabe beschlossen, da es einige sehr kritische Stimmen in der Fraktion gab, die die Verlagerung der polizeilichen Arbeit in der Prävention äusserst kritisch einstufen. Auch ist die Befürchtung einiger Fraktionskolleg*innen gegeben, dass das KBM dazu führen kann, dass unschuldige Menschen in einer Datenbank fichiert werden, was zu ihrem Nachteil werden kann. Dennoch haben wir uns nach einer vertieften Auseinandersetzung mit dem KBM dazu entschlossen mehrheitlich dem Bericht der JSSK zu folgen.