Primaten Initiative

Die Basler Bevölkerung muss sich im nächsten Frühling die Frage stellen: Soll dieser Affe Grundrechte haben? Man kann sagen goht’s noo? Oder haben die nichts Gescheiteres zu tun? Was für Menschen sind denn das, die so etwas verlangen?

Edibe Gölgeli

Edibe Gölgeli

Ich kann mir vorstellen, dass Vorkämpfer:innen der Tierrechte bestimmt noch mit viel mehr Vorwürfe umgehen mussten und müssen. Wir als SP Fraktion sind hin und her gerissen. Wir haben sehr kontrovers und intensiv diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass wir offen stimmen, werden. Auf der einen Seite ist die Initiative eng und fraglich, ob das das richtige Instrument ist. Es stellte sich für uns auch die Frage, was die Initiative konkret bewirken kann. Wir haben eine sogenannte halbgültige Initiative vorliegen und die Situation ist insgesamt sehr unbefriedigend. Die einen sind der Meinung, dass die grosse politische Signalwirkung der Initiative gegenüber der wissenschaftlichen Forschung als unfreundlich empfunden werden könne. Indirekt könnte auch auf den Zoo ein erhöhter Druck entstehen. Wie Sie auch wissen, hatte der Grosserrat 2018 die Initiative für ungültig erklärt – aber das Bundesgericht entschied, dass die Volksinitiative gültig ist und es darf darüber abgestimmt werden. Es ist zulässig, in den Kantonen einen strengeren Tierschutz einzuführen als auf Bundesebene. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht. Es bestätigt damit ein Urteil des Basler Verfassungsgerichts. Also rein rechtlich gesehen ist es möglich, dass Kanton Basel-Stadt den Affen Grundrechte erteilen kann. Und im Prinzip können auch Tiere Träger von Grundrechten sein. 

Und hier kamen auch die Meinungen in der Fraktion dazu, dass Nicht nur Menschen Rechte haben. Auch Stiftungen und Aktiengesellschaften dürfen ein Gericht anrufen, ihre Interessen vertreten. Warum aber bleiben Natur und Tiere davon ausgeschlossen? Frauen haben die gleichen Rechte wie Männer. Kinder dürfen nicht zur Arbeit gezwungen werden. Und sie haben Anspruch auf Schulbildung. Die Sklaverei ist verboten. Das sind doch lauter Selbst­verständlichkeiten, würden die meisten jetzt sagen. Drehen wir das Rad der Geschichte jedoch um nur 300 Jahre zurück, kann von Selbst­verständlichkeit keine Rede mehr sein. Jedes Recht muss mühselig errungen werden, bevor es selbst­verständlich wird. Rechte zu haben, war ein Kampf – und bleibt ein Kampf. Heute stellt sich die Frage: Ist es gerecht, dass nur menschliche Wesen über Rechte verfügen? Was gilt für nicht­menschliche Existenzen? Für das Schwein oder den Fluss, den Baum oder den Gletscher?

Wussten Sie, dass im neuseeländischen Parlament 2017 das «Te Awa Tupua» Gesetz, das die Ansprüche eines Flusses regelt, angenommen wurde. Das Parlament erklärte den Fluss «Whanganui» nicht einfach zum Schutz­gebiet, ihm wurde eine eigene Rechts­persönlichkeit zugesprochen.

Nun ich nenne ihnen diese Beispiele, um aufzuzeigen, dass wir nicht wissen, wie sich Wissenschaft und Gesellschaft in den nächsten 100 Jahren entwickeln wird und ob wir heute am Anfang einer Entwicklung stehen über Ereignisse die dann irgend wann auch als selbstverständlich betrachtet werden. Das Verhältnis Mensch/Tier unterliegt einer ständigen Entwicklung. Von daher ist es demokratisch absolut legitim und gesellschaftspolitisch sogar erwünscht sich solchen Fragenstellungen mit dieser Initiative zu stellen.

Worum geht es bei der Initiative? 

Die Initianten verlangen, dass die basel-städtische Verfassung mit einem Artikel für das «Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit» ergänzt wird. Ausserdem ist der Initiativtext so zu verstehen, dass nur die kantonalen und kommunalen Organe direkt verpflichtet werden, die Primaten zu schützen, nicht aber Private. Ein Teil von uns begrüsst grundsätzlich die Impulswirkung der Initiative. Auch wenn die Lancierung auf Bundesebene zu begrüssen gewesen wäre, ist das Herunterbrechen auf die Kantonsebene legitim. Dennoch möchte ich kundtun, dass wir formelle Bedenken haben aber das Anliegen der Initianten nachvollziehen können. Wie sich eine Gesellschaft, das Verhältnis Mensch/Tier entwickelt ist mehr ethische, moralische denn eine politische Frage. Unter diesem Vorbehalt möchte ich mein Votum beenden und nochmals betonen, dass wir in unserer Fraktion unterschiedlicher Meinungen sind, die Gefühle gespalten und somit auch unterschiedlich abstimmen werden.

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